Design-To-Cost
Herstellkostenreduzierung mit System
Markus Krüger
Am Standort Mainz fertigt die SCHOTT AG im Bereich Advanced Optics ein breites Sortiment hochwertiger optischer Gläser. Die Einsatzgebiete erstrecken sich vom Konsumgüterbereich bis hin zu innovativen optischen Systemen in Forschung und Entwicklung. Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wurde ein Programm zur Reduzierung der Herstellkosten aufgesetzt, mit dem Ziel, bereits in der Entwicklungsphase die Kostenposition positiv zu beeinflussen.
Das Projekt Design-To-Cost wurde in zwei
Teilprojekte untergliedert. Das erste Teilprojekt
analysierte bestehende Gläser und deren
Rezepturen, wogegen das zweite Teilprojekt
den Auftrag zur Definition eines integrierten
Glasentwicklungsprozesses hatte und sich somit
mit neuen Produkten befasste.
Grundlage für das erste Teilprojekt war eine
umfangreiche Herstellkostenanalyse der
bestehenden Gläser. Hierbei wurde ein Kalkulationstool
benutzt, das für jede Glasart die
Herstellkosten (HK) entsprechend der Prozessparameter,
wie beispielsweise Ausbeute,
Losgröße oder Durchsatz, ermittelt.
Im nächsten Schritt wurde eine Stellhebelvariation
durchgeführt. Hierbei wurden die
IST-HKs festgehalten und jeweils ein Parameter
auf einen realistischen Idealwert gesetzt.
Durch diese Analyse wurden schnell die Optimierungsfelder
je Glas deutlich. Dies hatte
zur Folge, dass in manchen Fällen Kapazitäten
und Mittel zielgerichteter eingesetzt werden
konnten. Es fiel zudem auf, dass der Rohstoffkostenanteil
verhältnismäßig hoch war. Das
führte dazu, dass alle Gläser entsprechend
dem Rohstoffanteil kategorisiert und entsprechend
analysiert wurden.
Je nach Rohstoffanteil und Effekt bei der
Stellhebelvariation wurden unterschiedliche
Maßnahmen eingeleitet. Am schnellsten
und erfolgreichsten war im ersten Schritt ein
Spezifikationsvergleich. Hierbei wurden die
vom Kunden geforderten mit den gelieferten
Eigenschaften verglichen. Es zeigte sich, dass
sich im Laufe der Jahre die Anforderungen an
das Glas geändert und die Kunden ihre Spezifikation
entsprechend angepasst haben. Der
Marktpreis ist zudem gesunken. Trotz dieser
Entwicklung sind einige Rezepturen unverändert
geblieben und lösen jetzt den enormen
Kostendruck aus. Durch den Vergleich der
Spezifikationen konnten jetzt Modifikationen
in der Rezeptur durchgeführt werden, so dass
anstatt hochreiner Spezialrohstoffe auch reine
Standardrohstoffe mit entsprechender HKReduzierung
eingesetzt werden konnten. Neben
diesen Anpassungen wurden auch noch
die üblichen Einkaufsoptimierungen wie beispielsweise
Bündelung und Global Sourcing
durchgeführt.
Die Analyse zeigte, dass für manche Gläser ein Redesign notwendig war. Diese Gläser bildeten dann auch gleich die Pilotgläser für das zweite Teilprojekt "integrierte Glasentwicklung".
Das zweite Teilprojekt hatte zum Ziel, den oft
langwierigen Prozess der Glasentwicklung zu
beschleunigen und eine schnellere Überführung
in ein Produktionsaggregat sicherzustellen.
Gründe hierfür waren oft Schnittstellen- bzw.
Kommunikationsprobleme (Beispiel fehlender
Produktionsslot).Das größte Potenzial aber
war die Überführung von der Testschmelze im
Labor in ein Produktionsaggregat.
"Für uns darf eine Glasneuentwicklung nicht
mit einem Überführungsblatt enden, sondern
erst nach erfolgreicher Erstproduktion mit entsprechender
Ausbeute," stellt Herr Reiter fest.
Mit dieser Maßgabe wurde ein neuer Entwicklungsprozess
entsprechend des Stage-Gate-
Prozesses definiert (Bild 2). Die wichtigste
Neuerung ist aber die Orientierung an den
Ziel-HKs. An jedem Gate wird in Zukunft die
Erreichung der Ziel-HKs bewertet und gilt als
Abbruchkriterium.
Wie eingangs erwähnt wurde die dritte Kategorie
von Gläsern entsprechend diesem
Prozess bewertet. Die Orientierung an den
Ziel-HKs führte dazu, dass manche Gläser
nicht weiter entwickelt wurden. Bei anderen
Gläsern dagegen wurde ein Redesign
entsprechend dem neuen Prozess angestoßen.
Während der Projektlaufzeit gelang es,
ein Redesign erfolgreich ins Produktionsaggregat
mit einer Herstellkostenreduzierung
von über 30 % zu überführen.
Im Bereich Advanced Optics ist man von dem
straffen Entwicklungsprozess überzeugt. Als
nächster Schritt steht die Integration des Kundenprozesses
im Fokus.
"Mit dem Projekt ,Design-To-Application
werden wir die nachgelagerten Prozessanforderungen
integrieren, so dass wir unseren
Kunden durch eine bessere Verarbeitbarkeit
einen signifikanten Mehrwert bieten können
und neue Applikationen ermöglichen," beschreibt
Herr Reiter die weiteren Schritte.
erschienen in CIM Aktuell, 01/2008