Produktionscontrolling – Führungsinstrument im attraktiven Unternehmen

Ingo Laqua

Unternehmensstrategien bauen häufig auf Visionen einzelner, unternehmerisch denkender Köpfe auf. Die Vermittlung dieser Visionen an die Mitarbeiter und die Umsetzung in greifbare und quantifizierbare Ziele gehört zur hohen Kunst der Unternehmensführung.

Um eine auf die spezifischen Belange des Unternehmens, den Markt und die Branche ausgerichtete Strategie definieren zu können, bedarf es zunächst einer Antwort auf die Frage: WO STEHE ICH? Hierzu gehören Aussagen über die Marktanforderungen bzgl.:

  • Produkte
  • Mengen
  • Lieferzeiten
  • Qualität und
  • Preis.

Eine solche Standortbestimmung bildet die Basis zur Definition der zukünftigen Unternehmensausrichtung: WO WILL ICH HIN?

Hat man hierauf eine Antwort gefunden (was sich einfacher anhört, als es tatsächlich ist), müssen aus der Unternehmensstrategie unterschiedliche, strategische Unternehmensziele abgeleitet werden. Hierzu können beispielsweise Kostenführerschaft, höchste Kundenzufriedenheit oder 0-Fehler-Strategie zählen. Bereits zu diesem Zeitpunkt muß jedoch die Durchgängigkeit dieser Ziele berücksichtigt werden So kann Kostenführerschaft zur 0-Fehler-Strategie passen, aber möglicherweise kontraproduktiv zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit sein.

Ziele müssen dabei grundsätzlich meßbar sein. Zur Quantifizierung ist es daher notwendig, aus den strategischen Zielen operative Zielvorgaben abzuleiten, die dann wiederum wie im Getriebebau auf die unterschiedlichen Unternehmensbereiche und –hierarchien "untersetzt" werden. Das strategische Ziel „höchste Kundenzufriedenheit“ implementiert beispielsweise die operativen Zielgrößen (Erhöhung der) Qualität, (Erhöhung der) Termintreue und (Reduzierung der) Kosten. Diese Zielgrößen und deren Entwicklung sind dann relativ leicht zu quantifizieren.

Um die gewünschte Aussagefähigkeit erzielen zu können, ist die Durchgängigkeit eines solchen Systems erforderlich. Zielvorgaben werden top-down vorgegeben. Die Zielerreichung wird auf unterschiedlichen Unternehmensebenen überwacht und kann bottom-up zu Segment-, Werks- oder Unternehmenskennzahlen konsolidiert werden.

Welche Kennzahlen im einzelnen Anwendung finden, muß unternehmensspezifisch beantwortet werden. Doch gerade weil funktionierende Kennzahlensysteme Top-Down vom Unternehmenserfolg abgeleitet werden, findet sich immer das Muster Quality, Cost und Delivery wieder. Konkret zum Einsatz kommen Kennzahlen aus den Bereichen:

  • Logistik (Durchlaufzeit, Termintreue etc.),
  • Produktivität (Personal-, Anlagenproduktivität),
  • Kosten (Nettoerfolg, Personal etc.) und
  • Qualität (Ausschuß, Reklamationen etc.).

Bei der Vielzahl denkbarer Kennzahlen ist jedoch Vorsicht geboten, keinen Kennzahlenwust ohne jegliche Akzeptanz mit hohem Aufwand zu schaffen. Auch hier gilt: "Weniger ist mehr!".

In der Praxis hat sich gezeigt, daß ein Industriebetrieb grundsätzlich mit folgenden Größen geführt werden kann:

  • Nettoerfolg (beinhaltet per Definition Qualität und Bestand),
  • Produktivität und
  • Durchlaufzeit und Termintreue.

Wenn ein Kennzahlensystem nicht auf diese Größen zurückzuführen ist, dann hat es eine "Macke". Dann ist es inkonsistent, wenn nicht widersprüchlich.

Diese Inkonsistenz wird spätestens dann bemerkt, wenn entsprechende Zielvereinbarungen mit Führungskräften und Mitarbeitern getroffen werden sollen. Und entsprechende Anreize für die Zielerreichung ausgelobt werden sollen. Denn ohne Zielvereinbarung macht ein Kennzahlensystem keinen Sinn. Und ohne Anreiz macht eine Zielvereinbarung keinen Sinn. Und an einem Strang wird erst dann gezogen, wenn Anreizsystem und Unternehmenserfolg zum "Win-Win" für Mitarbeiter und Unternehmer führen.

Hier schließt sich der Kreis: werden die vorgegebenen Ziele erreicht, dient dies der konsequenten Umsetzung der vorgegebenen Unternehmensstrategie. Das operative Geschäft wird zum Selbstläufer.

Thematisiert wurde Produktionscontrolling auch auf dem Seminar „Kennzahlengestützte Unternehmensführung“, das am 29. September in Windhagen bei Bonn stattfand. Zahlreiche Teilnehmer fanden hier ein praxisorientiertes Forum, auf dem innovative Kennzahlenkonzepte unterschiedlicher Industrieunternehmen vorgestellt wurden. Hierbei unterstrichen die Referenten und das Auditorium die Notwendigkeit und den Nutzen durchgängiger Kennzahlensysteme.

erschienen in CIMAktuell, November 1999

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