Production Intelligence - Wertschöpfung im Blick

Ingo Laqua, Geschäftsführer, CIM Aachen GmbH

Eine Produktion zu optimieren heißt, auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten fundierte Entscheidungen zu treffen, die nachhaltig die Wertschöpfung erhöhen und Verschwendung vermeiden. Das Ziel, Ressourcen anstelle der Beschaffung und Bereitstellung von Informationen für das konsequente Umsetzen von wertschöpfenden Maßnahmen einzusetzen, lässt sich auch durch den Einsatz von Business Intelligence-Lösungen erreichen.

Die Beschaffung des für die erfolgreiche Produktionssteuerung notwendige Datenmaterials stellt für viele Unternehmen eine Herausforderung dar. Einerseits fehlen zentrale Daten, um Problemursachen identifizieren und beseitigen zu können. Andererseits sind genug Informationen verfügbar, zu denen sich jedoch aufgrund unstrukturierter Datenlage und mangelnder Konsolidierung keine eindeutigen Aussagen treffen lassen. Welche Informationen im Produktionsunternehmen benötigt werden, leitet sich in der Regel aus dem Marktumfeld und dem Produktionssystem ab. Denn es geht nicht darum, möglichst viele Kennzahlen zu ermitteln, sondern zielgerichtet die Werte zu messen, die den Grad der Zielerreichung des Produktionssystems bewerten.

Die passenden Messgrößen für die Produktion finden
Verlangt der Markt eine hohe Verfügbarkeit, so ist natürlich das Bestandsniveau eine zentrale Kennzahl. Diese wird aber unmittelbar beeinflusst von der internen Wiederbeschaffungszeit. Je kleiner die ist, desto geringer können die Bestände dimensioniert werden und desto geringer ist das gebundene Kapital. Den Bestand messen viele, kaum ein Betrieb erfasst hingegen die interne Wiederbeschaffungszeit oder den Grad der Wertschöpfung anhand des Flussfaktors. Ein anderes Beispiel ist die Anlageneffizienz (OEE). Der Einsatz dieser Messgröße rentiert sich nur in einer kapitalintensiven Fertigung, etwa bei teuren Schmelz- oder Galvanikanlagen. Der Blick auf die OEE kann sich aber auch bei Engpässen in der Produktion lohnen, um nachhaltig Maßnahmen zur Entspannung der Engpässe, etwa durch Rüstworkshops oder alternative Instandhaltungsansätze, durchzuführen. Überhaupt nicht mit dem OEE zu arbeiten ist deshalb in den meisten Fällen genauso falsch, wie diesen flächendeckend einzuführen, da der Aufwand hierfür viel zu hoch ist. Mangelnde Systemunterstützung und heterogene IT-Systeme wie MES, CAQ oder BDE-Systeme führen dann häufig dazu, dass das manuelle Aufschreiben der benötigten Informationen im Maschinenlogbuch keine systematische Auswertung erlaubt und diese Tätigkeit irgendwann vollkommen entfällt.

Grundstein für effektives Produktionscontrolling
Auch die interne Termintreue, etwa von einem Arbeitsgang zum nächsten oder von einer Kostenstelle zur anderen, wird in den meisten Unternehmen heute nicht gemessen. Diese ist aber zum Beispiel in der Werkstattfertigung ein zentraler Parameter zur Bewertung der Planungsqualität und des Flussfaktors. Eine systematische Auswertung kann hier Engpässe aufdecken, Qualifikationsbedarfe identifizieren oder Ansätze zur Optimierung der Materialbereitstellung aufzeigen. Mit der Auswahl der richtigen Kennzahlen ist der Grundstein für ein effektives Produktionscontrolling und damit für die Optimierung gelegt. Als nächster Schritt folgt die effiziente Analyse und Bewertung des vorliegenden Datenmaterials. Eine Vielzahl der für das Produktionscontrolling notwendigen Daten liegt in den Unternehmen bereits vor. Dezentrale Datenstrukturen und unübersichtliche Systeme machen aber eine effiziente Analyse mit vertretbarem Aufwand unmöglich. So stammen die Daten zum Ermitteln der OEE aus dem ERP, aus einem MES- oder CAQ-System und eventuell noch aus der Instandhaltung. Selbst in einer homogenen IT-Landschaft wie SAP ist eine Auswertung daher nicht im Standard möglich. Wer sich also das mühselige Sammeln der Informationen aus unterschiedlichen Quellen ersparen und darüber hinaus die Wirkzusammenhänge einzelner Kennzahlen erkennen will, kommt ohne intelligente Softwareunterstützung nicht aus.

Werkzeuge für das Data Mining
Auf Prozessdatenebene gibt es hierzu umfassende Data Mining-Programme, die die Zusammenhänge von Prozessdaten und Einflussparametern analysieren und visualisieren. Auf übergeordneter Produktionsdatenebene eignen sich hierzu Business Intelligence-Systeme, um die wesentlichen Informationen ‘auf Knopfdruck’ zu erhalten. Idealerweise liefert dabei eine ‘Cockpit’-Anwendung dem Produktionsleiter kurz nach dem morgendlichen Betreten einen Überblick darüber, wie die Nachtschicht in Bezug auf Einhaltung des Produktionsplans und Ressourcenproduktivität verlaufen ist. Wenn ein Messwert aus dem Ruder gelaufen ist, wird dies etwa via Ampelfunktion angezeigt, und der Veranwtworltiche kann per ‘Drill-down’ die Problemursache auf den Datensatz genau identifizieren. Durch die Anzeige von Daten nach unterschiedlichen Dimensionen wie Zeit, Arbeitsplatz oder Auftragsart im Business Intelligence- System können zudem systematische von zufälligen Einflüssen unterschieden und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

Analyse-Software der zweiten Generation
Allerdings ist der Einsatz von Business Intelligence (BI) in der Fertigung noch nicht sehr verbreitet. Das mag zum einen daran liegen, dass diese Systeme klassisch eher in Vertrieb und Controlling angesiedelt sind und mancher Produktionsleiter genug Produktivsysteme im Einsatz hat. Zum anderen hängt es aber auch damit zusammen, dass BI-Systeme der ersten Generation durch aufwändige OLAP-Programmierung viel zu unflexibel und umständlich waren. Heute können durch In-Memory-Lösungen der zweiten Generation ad-hoc Reports für große Datenmengen schnell und flexibel auch von der Fachabteilung erstellt werden. So kommen aktuelle Informationen der Entscheidungsfindung zugute. Die Umsetzung kann mit einem BI-System auch durch Sensitivitätsanalysen vorbereitet und unterstützt werden. So lässt sich etwa bewerten, welche Auswirkung eine Reduzierung der Durchlaufzeit auf den ‘Work-in-process’- Bestand hat, wie viel mehr Ausbringung eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität bringt oder was dies für Auswirkungen auf die Herstellkosten hat.

Auf dem Weg zu mehr Wertschöpfung
Bei der Verlagerung von nicht wertschöpfendem Datensammeln hin zu wertschöpfender Produktionssteuerung wird auch der administrative Aufwand im Unternehmen reduziert. Entscheidungen können schneller und fundierter getroffen werden. Production Intelligence auf Basis eines BI-basierten Produktions-Cockpits ist keine Frage des Könnens mehr, sondern lediglich des Wollens.

erschienen in IT & Production, April 2011

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