Dashboarding: RELEVANTE INFORMATIONEN AUFBEREITEN

Früher wissen, was läuft

Ingo Laqua, Geschäftsführer, CIM Aachen GmbH

Moderne IT-Systeme stellen heute sicher, dass Informationen im Industrieunternehmen schnell für alle Unternehmensbereiche verfügbar sind. Erzeugt werden diese Daten in ERP- und Subsystemen wie MES, APS, CAQ oder CRM-Systemen, die versprechen, alle Managementfragen mit ihren Analysen zu beantworten. In der Praxis stelt sich aber schnell die Ernüchterung ein.

Ein Meister ist mit den bereitgestellten Daten eines Manufacturing Execution System sicherlich zufrieden. Fragestellungen des Managements lassen sich mit einem System alleine häufig nicht beantworten. Gleiches gilt für Unternehmen mit verteilten Produktionsstandorten, die unternehmensinterne Investitionsentscheidungen oder Auftragsvergaben aufgrund von Produktivitäts- oder Herstellkostenbenchmarks treffen wollen. In diesen Fällen sind eine aufwändige Datenkonsolidierung aus unterschiedlichen Systemen und deren "managementgerechte" Aufbereitung erforderlich.

Business Intelligence-Systeme versprechen hier Abhilfe. Sie bieten umfangreiche Tools zur Sicherstellung solcher Funktionen. Bl sammelt Daten und bereitet sie entscheidungsorientiert auf. Das Ergebnis sind individuell konfigurierbare Dashboards, die alle relevanten Informationen für das Management aufbereiten. Hierzu zählt exemplarisch auch die Balanced Scorecard, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Sichten per se auf unterschiedliche Datentöpfe zugreift.

Über das reine Dashboarding hinaus bieten Bl-Systeme auch die Berichtserstellung und -verteilung, Datenanalyse, Planung und Budgetierung sowie Konzernkonsolidierung und statistische Methoden. Dahinter steckt eine oft sehr aufwändige Software-Architektur, die die "bunten Bildchen" für das Management überhaupt erst möglich macht. Was im Ergebnis so einfach aussieht, muss zuvor aus unterschiedlichen Systemen ausgelesen, integriert, gespeichert, aufbereitet und angewendet werden. Hierzu kommen unterschiedliche Werkzeuge wie Datawarehouse, OLAP (on-line analytical processing), Data Mining und MIS (Management Informationssystem) zum Tragen, die ein solches Bl-Konzept relativ schnell sehr komplex und damit auch teuer werden lassen.

Können Bl-Systeme mit solch einer Architektur und multidimensionalen Abfragen auch noch so interessante Informationen liefern so ist das Ergebnis immer nur so gut wie die Daten, die zuvor eingespielt werden. Und da haben viele Unternehmen bekanntlich akuten Handlungsbedarf. Auch muss im Vorfeld definiert werden, welche Informationen zur Unternehmensführung benötigt werden. Schließlich geht es nicht darum möglichst viele Kennzahlen und Informationen zur Verfügung zu stellen, das können sicherlich alle BI-Systeme, wenn sie entsprechend gefüttert werden. Vielmehr geht es darum die wenigen, zur Unternehmensführung relevanten Kennziffern zu identifizieren und diese dann auch aktiv zur Steuerung von Unternehmensprozessen einzusetzen. Zu wissen, welche Unternehmensprozesse im letzten Monat ihr Ziel verfehlt haben, ist zwar interessant, hilft aber nur wenig beim Steuern der Prozesse.

Wie auch in anderen IT-Bereichen, hat auf dem Bl-Markt eine umfassende Konsolidierungswelle eingesetzt. Nach den großen Übernahmen im letzten Jahr wie Hyperion durch Oracle, Business Objects durch SAP oder Cognos durch IBM werden nun auch mittelständische Unternehmen übernommen. So wurde im Sommer das deutsche Unternehmen Cubeware von der indischen Cranes-Gruppe übernommen. Durch diese Übernahmen haben die Big Player der Branche ihren Marktanteil innerhalb eines Jahres von einem Fünftel auf zwei Drittel ausgebaut. Insgesamt wächst der Markt für Bl-Systeme weiter.

Zu erkennen ist aber auch, dass sich das klassische Bl-Segment mittelfristig auflösen wird, da diese Funktionen zunehmend auch in ERP-Systemen vorzufinden sind. Nicht zuletzt durch die beschriebenen und weiteren Übernahmen haben IBM, Microsoft, Oracle und SAP Know-How im Bl-Bereich eingekauft, was den ERP-Nutzern definitiv zugute kommt. Wann und in welchem Umfang und zu welchem Preis ist lediglich eine Frage der jeweiligen Produktpolitik.

Aus funktionaler Sicht reicht die Bandbreite an Bl-Lösungen vom kleinen Kennzahlenmonitor, der bereits für einen sehr kleinen fünfstelligen Betrag Kennzahlen visualisiert, bis zur ausgewachsenen Bl-Konzernlösung im siebenstelligen Bereich. Es ist halt nicht nur eine Frage, was man braucht, sondern wie so oft, was man daraus macht. Trotz oder gerade wegen des stark wachsenden Bl-Umfeldes stellt sich die Frage: Wer braucht ein solches System, das letztendlich nur den Mehrwert von Information und Transparenz bietet, aber eigentlich keine eigenständige Funktion in der IT-Landschaft des Unternehmens übernimmt? Schließlich bedeuten umfassende Bl-Lösungen für ein mittelständisches Unternehmen schnell den Gegenwert einer komplexen Produktionsanlage.

Nicht umsonst sind umfassende Bl-Tools deswegen heute noch überwiegend in Konzernen und dort im Controlling zu finden. Der klassische Mittelstand greift immer noch gerne auf herkömmliche Office-Lösungen zurück, auch wenn die Bl-Branche diese Zielgruppe längst als potenzielles Opfer erkannt hat. Interessant werden Bl-Systeme für Unternehmen, die über verteilte Standorte verfügen und eine schnelle Datenkonsolidierung, etwa in der Budgetierung oder im Reporting, benötigen. Hier spielen solche Systeme als add-on zur bestehenden IT-Landschaft ihre Stärke aus und bieten oft einen Mehrwert gegenüber klassischen ERP-Lösungen.

Bl-Systeme sind auch interessant, wenn in unterschiedlichen Unternehmensbereichen verschiedene IT-Lösungen zum Einsatz kommen. Dies betrifft daher auch Unternehmen, deren IT-Umgebung aufgrund von Unternehmensakquisitionen heterogen geworden ist. Neben der zeitaufwändigen Umstellung der neu zugekauften Unternehmen auf eine Standard-Software bieten sich hier für die Datenkonsolidierung die dann doch häufig günstigeren Bl-Lösungen an. Im globalen Umfeld ist hiervon auch zunehmend der Mittelstand betroffen. Produktionsstandorte in Indien, Joint Ventures in Asien und Vertriebsbüros auf mehreren Kontinenten können durchaus einen Anlass zur Implementierung solcher Bl-Lösung bieten.

Nicht zuletzt kann ein Grund für ein Bl-System auch in der Anforderung nach einer höheren Produktivität liegen. Denn wie bei anderen IT-Systemen auch, muss der Aufwand für das Analysieren und Reporten mit einem System niedriger sein als zuvor. Und das muss sich dann in freiwerdende Kapazitäten widerspiegeln.

Es gibt aber zahlreiche Beispiele, in denen Unternehmen tatsächlich ihr Ergebnis durch schnellere und fundiertere Entscheidungen auf Basis einer deutlich verbesserten Informationsgrundlage optimiert und Fehler bereits im Vorfeld vermieden haben. Einen Mehrwert schafft das Unternehmen nicht durch die Anschaffung einer BI-Lösung, sondern durch das intelligente Arbeiten damit.

erschienen in Industrie Anzeiger, Oktober 2008

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