Restrukturierung – „Grüne-Wiese-Planung“ führt zu greifbaren Ergebnissen

Roland Molz, Ingo Laqua

Anstatt bei erkannten Schwachstellen zu handeln wird in vielen Unternehmen weiter analysiert, diskutiert und lamentiert. Hilfreich ist hier die „Umkehrung der Beweislast“: Nicht die Veränderer haben ständig das „warum?“ zu klären, sondern die Unbeweglichen müssen das „warum nicht“ rechtfertigen.

Kern dieses Ansatzes ist die Durchführung einer sog. Null-Basis-Planung. In Abwandlung des „klassischen“ Industrial Engineering wird „auf der grünen Wiese“ ein Entwurf der Produktion und Auftragsabwicklung mit minimaler Ressourcenbeanspruchung und den technologisch erreichbaren Mindestlieferzeiten erarbeitet.

Kern der Null-Basis-Planung ist ein Aktivitäten-/Aufwandstreibermodell, das über heutige Bereichsgrenzen hinweg geht. Aus wenigen Primär- und Sekundärtreibern wird der notwendige Aufwand plausibel abgeleitet (z.B. Anzahl der pro Jahr benötigten Werkzeuge als Treiber für den Werkzeugbau).

Aufbau der Null-Basis-Planung
Die gedankliche Planung einer „realistischen Idealfabrik“ erfolgt, ausgehend von der Wertschöpfung über die Stütz- und Verwaltungsfunktionen, von innen nach außen in vier Schritten:

  1. Ausgangspunkt ist die für den geplanten Absatz erforderliche Produktionsleistung, also die Ausbringung nach Menge und Varianz je Zeiteinheit.
  2. Der für diese zentrale Wertschöpfung im Produktionsprozeß erforderliche Ressourcenbedarf an Anlagenkapazität, Personalkapazität und Materialeinsatz wird abgeleitet.
  3. Um diesen Kern der Wertschöpfung herum werden erforderliche Stützfunktionen (Instandhaltung, AV, Einkauf, Logistik,..) quantifiziert.
  4. Der notwendige Umfang an Verwaltungsfunktionen (Personalwesen, Buchhaltung,..) wird bestimmt.

Die ermittelte „Grüne-Wiese-Fabrik“ entspricht damit der Struktur eines freien, konzernungebundenen Konkurrenten. Zur weiteren Quantifizierung wird der Gesamtressourcenbedarf mit den Faktorkosten verknüpft. Dazu dienen im wesentlichen das aus den o.g. Schritten abgeleitete Aktivitäten-/ Treibermodell und Vergleichswerte ähnlich strukturierter Unternehmen sowie abgreifbare Referenzwerte.

Soll-/Ist-Vergleich
Aus der bestehenden Kostenrechnung werden die Istkosten herangezogen und mit Hilfe einer Tätigkeitsanalyse die heutige tatsächliche Inanspruchnahme von Ressourcen ermittelt und rückgerechnet, welcher Aufwand bzw. welche Kosten je Vorgang anfallen bzw. verrechnet werden.

Durch die Gegenüberstellung der Null-Basis-Planung mit der Ist-Situation lassen sich die Stellen mit Mehraufwänden ableiten. Die Ursachen der Mehraufwände werden in nicht beeinflußbare Gegebenheiten (gesetzl. Auflagen, Kundenforderung,....) oder selbstinduzierte und damit beeinflußbare eingeteilt.

Hilfreich ist hier die „Umkehrung der Beweislast“ durch die erarbeitete „Grüne-Wiese“: Warum soll gerade hier die Produktivität des Benchmarks nicht erreicht werden können? Dadurch wird das Überwinden des Status-Quo wesentlich vereinfacht. Denn das Beharren ist unbequem, erfordert die sachliche Widerlegung des Idealzustands.

Ableiten eines Maßnahmenplans
In fokussierten Workshops wird so das realistisch erreichbare Kostenniveau ersichtlich bzw. welchen Umfang und welche Konsequenz Maßnahmenbündel besitzen müssen, um gewisse Einsparungsgrenzen zu überspringen.

Ausgehend von den idealtypischen Abläufen werden die Barrieren identifiziert, die bislang die Optimierung verhindert haben. Die kausalen Ursachen für den jeweiligen Mehraufwand – Doppeltätigkeiten, Ineffizienz, Fehlerschwerpunkte, zu hohe Faktorkosten etc. – werden identifiziert und Maßnahmen zu ihrer Beseitigung abgeleitet.

Für die Umsetzung wird so die „Grüne-Wiese“ in eine reale Basisplanung überführt, die dem innerhalb eines gestaffelten Zeitraums von z.B. 6 Monaten bis 3 Jahren erreichbaren Sollzustand entspricht und Zielgröße für eine operative Maßnahmenplanung (Prioritäten nach Nutzen, Aufwand und Umsetzungsdauer) wird.

Szenarien zur Beeinflussung des Zielkorridors durch äußere Veränderungen - z.B. Mengenwachstum, erhöhte Umweltabgaben, Veränderung Lohngefüge – fließen in diese Zielplanung ein.

Klar muß sein, daß ehrgeizige Ziele wie „30% Kostensenkung“ auch nur durch drastische Veränderungen und nicht im Schongang zu erreichen sind!

erschienen in CIMAktuell, Mai 1999

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