Erfolgreiche Serieneinführung durch effektives Projektmanagement
Friedrich Hüppe
Die Carl Zeiss SMT NTS Division entwickelt
und produziert hoch spezialisierte Elektronenmikroskope
für die Strukturaufklärung
im Subnanometerbereich.
Praktische Einsatzbereiche sind materialwissenschaftliche
Analysen, wie Fehleruntersuchungen
im Halbleiterbereich oder
biologische Experimente in der Zell- und
Molekularbiologie, wie sie zur Aufklärung
der Verbreitung von Viren benötigt werden.
Die Entwicklung eines Elektronenmikroskopes heisst, stets am Rande des technisch Möglichen zu entwickeln. In der Realität gilt es daher eine schwierige, entwicklungsintensive und auch von Rückschlägen geprägte Prototypenphase zu managen. Zudem werden die angekündigten Geräte sehnlichst am Markt erwartet, was betriebswirtschaftlich für einen Vertrieb in einer frühen Phase spricht. Diesen Spagat gilt es mit einem gesicherten Produkt- Entwicklungs-Prozess (PEP) und einem straffen Projektmanagement zu meistern.
Der Produkt-Entwicklungs-Prozess
Der von der Carl Zeiss SMT NTS Division
initiierte PEP gliedert sich in drei Phasen.
In der ersten Phase, der Evaluierungsphase,
werden das Marktpotenzial und die technische
Machbarkeit geprüft. Ergebnisse sind ein Lasten-
und ein Pflichtenheft, welche die Spezifikationen
des zukünftigen Produktes einmal
aus Kundensicht und einmal aus technischer
Sicht beinhalten, sowie ein Business-Plan, der
als wichtigen Baustein die Marktbedingungen
berücksichtigt.
Die in der ersten Phase festgelegte Spezifikation
ist die Messlatte, die es in der zweiten Phase,
der Entwicklungsphase, zu erreichen oder
zu toppen gilt. Entsprechend ist diese Phase
geprägt durch einen hohen Entwicklungsaufwand
sowie den Bau eines Prototypen.
In dieser Phase ist die Gefahr, das eigentliche
Ziel, nämlich einen funktionstüchtigen Prototypen
zu entwickeln, aufzubauen, und den
Spezifikationsnachweis zu erbringen, sehr
groß, sich in Details zu verlieren und einen
"Never-Ending" Entwicklungsprozess zu generieren.
Um die zeitliche Zielerfüllung zu gewährleisten,
müssen die aus den Markt immer wieder
entstehenden weiteren Forderungen und Optionen
priorisiert und im Zweifelsfall auf eine
Folgeversion übertragen werden.
Formal abgeschlossen wird diese Phase durch das Gate 2, welches den Nachweis der Spezifikationserfüllung am Prototypen beinhaltet. Der Übergang in die dritte Phase ist eher fließend, da parallel zum Prototypen oftmals schon die ersten Vorseriengeräte mit aufgebaut werden. Eine Vermischung aus schon auszuliefernden Vorseriengeräten und der "Standard"-Serie ist schon aus betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten nicht zu vermeiden. Der Begriff Vorserie darf hier nicht missverstanden werden; es handelt sich nicht um Geräte im Entwicklungszustand, sondern um Geräte, die noch mit viel persönlichem Engagement als Einzelstücke produziert werden. Speziell in dieser dritten Phase, der Überführung in eine stabile Serienproduktion, ist daher ein effektives Projektmanagement besonders wichtig.
Projektaufplanung
Zur erfolgreichen Umsetzung wurde ein Projektteam
aus den Bereichen
- Produktmanagement,
- Entwicklung,
- Konstruktion,
- Operations/Logistik,
- Service,
- Electronics und QM/QS
Die im PEP verankerte Checkliste wurde in Arbeitspakte umgesetzt und um aktuelle Entwicklungsprobleme erweitert. Diese Checkliste ist ausgesprochen hilfreich, um keinen der Punkte zu übersehen, die man im Projektgeschäft gerne als Prio C ansieht, verdrängt und die in der Abschlussphase dann urplötzlich zurückschlagen. Die aus der Checkliste entwickelten Arbeitspakete müssen terminiert und aufeinander abgestimmt werden. Über Meilensteine wird der Projektfortschritt verfolgt. Einzeltermine und ein regelmäßiges Jour Fixe der Gruppe sichern den Informationsfluss unter den Teilprojektleitern sowie eine Verteilung der Informationen innerhalb der Arbeitsgruppen.
Projektverfolgung
Zur Sicherstellung funktionstüchtiger Bauteile
und Baugruppen in der Serie dient eine
Matrix, die allen relevanten Baugruppen die
notwendigen Aktivitäten gegenüber stellt.
Angefangen vom Entwicklungsstatus über die
Zeichnungserstellung, die Stückliste und den
Arbeitsplänen. Montageanleitungen bis hin
zu den Wiederbeschaffungszeiten und Erstmusterprüfungen
werden alle Baugruppen
kontrolliert und für deren Serienreife unterschrieben.
Gleichzeitig dient diese Übersicht
zur Verfolgung des Projektfortschritts, da man
sehr leicht den Handlungsbedarf an den noch
offenen Baugruppen ablesen kann.
Die Bildung von Key-Performance-Indicators
(KPIs) ist ein weiteres wichtiges Hilfsmittel, um
sowohl die Erfolge als auch die Rückschläge
an die übergeordneten Entscheidungsträger
zu reporten. Auch wenn es für die Verantwortlichen
nicht immer ganz einfach ist, Projektverzögerungen
einzugestehen, müssen diese klar
und frühzeitig erkennbar sein, um Gegenmaßnahmen
und Priorisierungen zeitnah aufsetzen
zu können.
In diesem Rahmen können auch Weiterentwicklungen,
die für eine zukünftige Marktaktualität
notwendig sind, parallel zu der laufenden
Serienentwicklung priorisiert und eingebracht
werden. Der Nachweis der Serienfreigabe(Gate 3)
steht für September diesen Jahres an.
erschienen in CIM Aktuell, 01/2008