PPS.SPEZIAL: Manufacturing Execution Systems (MES)
Durch Transparenz im Produktionsprozess die Wertschöpfung erhöhen
Dr. Götz Marczinski
Dass MES einen festen Platz bei der Suche nach Optimierungspotenzialen im Produktionsprozess hat, konnte am 20. Februar in Bochum eindrucksvoll bestätigt werden. Praktiker und Systemanbieter diskutierten Nutzenaspekte und technische Details auf hohem Niveau und in einer Tiefe, wie es nur durch das Format des PPS.SPEZIAL geboten wird, so das Fazit vieler Teilnehmer. Ob, wie im letzten Jahr, drei Projekte vergeben werden, bleibt abzuwarten.
Den Auftakt in diesem Jahr machte Dr. Götz
Marczinski von CIMAachen mit der provokanten
Frage, wozu MES denn überhaupt
gebraucht wird. Denn in kaum einem Unternehmen
steht der Handlungsbedarf in Richtung
Produktivität in Frage. Und es fehlt auch
nicht an Maßnahmen, um diese Potenziale zu
erschließen. Warum dann noch MES?
Stimmt prinzipiell, so die Antwort im ersten
Praxisbeitrag der Fa. Haendler & Natermann,
einem Hersteller von Verpackungsmaterialien.
Doch mit Hilfe eines MES kann erst klar gesehen
werden, wo man steht. Das Durchsetzen
eines Fertigungsprogramms mit den dazu
notwendigen kurzfristigen Reaktionen auf
der Werkstattebene, das ist der große Vorteil
des MES, so Ulrich Reichel, Leiter Logistik. Eine
signifikante Verkürzung der Durchlaufzeit ist
durch die Halbierung der strategischen Übergangszeiten
gelungen, so Uwe Groß, Leiter
Logistik bei Natermann. Und diese wurden
erst durch die Gegenüberstellung der täglich
realisierten Prozesszeiten mit den Planzeiten
sichtbar.
Der Vorteil liegt in der geschaffenen Transparenz, den Analysemöglichkeiten und der damit einhergehenden zielgerichteten Einleitung geeigneter Maßnahmen, beispielsweise zur Erhöhung des OEE (Overall Equipment Efficiency), so Axel Mattschas (MTU) im nächsten Beitrag. Fakten ersetzen das Bauchgefühl. "Die vermeintlich störanfällige Maschine ist möglicherweise besser als man denkt", so Mattschas, "wenn verlässliche Verfügbarkeitswerte über die gesamte Maschinenlaufzeit vorliegen."
Wenn aufgrund der Komplexität der Fertigungsstruktur
wie im Fall der ACP GmbH (ehemals
MAN Komponentenwerk) die Prinzipien
der Lean Manufacturing an Grenzen stoßen,
auch dann ist MES äußerst hilfreich. "In
unserer nach wie vor werkstattorientierten
Fertigung," so Dr. Andreas Rybarczyk, Leiter
Prozessplanung und Technologie bei ACP in
Penzberg, "Hilft uns das MES trotz der Komplexität,
den Überblick zu behalten." Die MESGrundfunktionen
Terminierung, Reihenfolgeplanung
und graphische Darstellung sind
wichtige Hilfsmittel, um das jeweilige Produktionsprogramm
termingerecht durch die
Fertigung zu steuern. Dabei ist es zur Verbesserung
der logistischen Leistungsfähigkeit
notwendig, die Strukturen auf die Nutzung des
MES auszurichten. Um die individuelle Anpassung
an die Unternehmensprozesse kommt
man nicht herum, so Dr. Rybarczyk.
Damit steht die Performance eines MES in
unmittelbarem Zusammenhang mit der
individuellen Produktionssystematik jedes
Unternehmens. Stimmen die Prozesse nicht,
wird die Wertschöpfung nicht signifikant
verbessert Systematik kommt vor System!
Für den Einstieg in die Nutzung eines MESSystems
gibt es also zwei Szenarien, so die
Ergebnisse der Abschlussdiskussion.
- Entweder geht es darum, ein Produktivitätsprogramm wirksam zu unterstützen.
- Oder es soll zunächst ein klares Bild über den Ist-Zustand erarbeitet werden, um dann ein entsprechendes Produktivitätsprogramm zu starten.
Bei der Diskussion über die ausgestellten
Systeme zeigte sich der äußerst hilfreiche
Marktüberblick, den Ingo Laqua eingangs
des Seminars zeigte. Die Vielzahl der Anbieter
werden dabei entsprechend ihrer Herkunft
"sortiert". Je nach Herkunft der Anbieter bieten
die MES i. d. R. auch eindeutig ihre Stärken,
so Laqua, beispielsweise in den planerischen
Funktionalitäten, in der Ansteuerung von Maschinen
und Anlagen bzw. in der Produkt-/Prozessdatenerfassung
und -auswertung.
Unvermeidlich dabei die Diskussion, gerade
mit Ausblick auf den Schwerpunkt des
nächsten PPS.SPEZIAL: Was ist eigentlich der
Unterschied zwischen APS und MES? Schließlich,
so ein weiteres Ergebnis der Diskussion,
sind die am Markt verfügbaren Marktstudien
unbrauchbar, wenn es über die grobe Orientierung
am Softwaremarkt hinausgeht.
Dementsprechend stellt sich CIMAachen der
Forderung der Teilnehmer, die sich sowohl
aus der Abschlussdiskussion als auch aus der
Auswertung der Feedback-Bögen zum Seminar
ergeben hat: Einen Marktüberblick aus
der Nutzenperspektive zu erstellen. Welche
Systemfunktionen, so die Forderung, sind für
meinen speziellen Anwendungsfall sinnvoll?
Welches System passt von der Philosophie in
meine IT-Landschaft? Das sind die Antworten,
die erwartet werden.
Beim nächsten PPS.SPEZIAL wird diese Orientierungshilfe
für die diskrete Fertigung vorliegen.
Das Veranstaltungskonzept aus Vorträgen
und integrierter Fachmesse "Auf den Punkt, statt breit gestreut!" hat auch Ihr Interesse verdient.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
erschienen in CIM Aktuell, 01/2008