Der JETI-Rechner
Die Produktion im Fluss mit aktuellen Dispoparametern
André Maaß
Eine zentrale Frage der schlanken Produktion lautet: Wie klein kann ein Produktionslos werden, um einerseits die Anzahl der zu fertigenden Produktvarianten zu realisieren und andererseits mit der erforderlichen Kapazität auszukommen. Die Antwort hierauf liefern weder ERP- noch APS- oder MES-Systeme. CIM Aachen hat deshalb ein Tool entwickelt, das diese Berechnung automatisiert.
Die Vermeidung von Verschwendung ist eine
zentrale Forderung des Lean Management.
Erreicht wird dies durch die marktsynchrone
Produktion, bei der die geforderte Menge
zur geforderten Zeit hergestellt wird. Flexible
Mitarbeiter und Maschinenparks, verlässliche
Produktionsprozesse und kurze Maschinenbelegungszeiten
sind dabei die zentralen
Anforderungen, die sich aus der marktsynchronen
Produktion ableiten und Voraussetzung
für eine bestandsoptimierte Fertigung
sind.
Der JETI Maßstab für die marktsynchrone Produktion
Zentrale Steuerungsgröße hierbei ist der EPEI
(every part every interval) oder auch JETI
(jedes Teil im Intervall). Der JETI beschreibt die
Zeit, die benötigt wird, um eine Produktvariante
unter bestimmten Rahmenbedingungen
wieder neu auflegen zu können. Dieser Faktor
hängt zentral von Parametern ab wie
- der zur Verfügung stehenden Produktionszeit (Schichtmodell, Arbeitszeit ),
- der zur Verfügung stehenden Kapazität (Anzahl Maschinen, OEE ),
- der Anzahl der zu fertigenden Produktvarianten,
- der zu fertigenden Stückzahl und
- der zu fertigenden Losgröße.
Der JETI definiert also
zusammen mit dem
in der Produktion befindlichen
WIP-Bestand
sowie der effektiven Bearbeitungszeit
(=Hauptzeit)
die Wiederbeschaffungszeit
eines
Artikels und beeinflusst
somit signifikant den
erforderlichen Lagerbestand.
Je kleiner die
Losgröße gewählt werden
kann, desto kürzer
ist die interne Wiederbeschaffungszeit
und
desto kleiner kann der
Lagerbestand dimensioniert
werden. Dies gilt für ggf. zu bevorratende
Fertigwarenartikel genauso wie für
KANBAN-gesteuerte Baugruppen und Komponenten.
Der JETI bezieht sich also auf dynamische
Parameter, die je nach Absatzentwicklung
oder aufgrund von internen Änderungen der
Anlagenkapazität schwanken. Demzufolge
ist es erforderlich, den JETI in definierten
Zeitintervallen neu zu berechnen. ERPSysteme
sind hierzu bis heute nicht in der
Lage, gehen sie doch teilweise immer noch
von anderen »Optimierungsalgorithmen«
aus (Stichwort: ANDLER-Formel).
Der JETI-Rechner: Die optimale Losgröße auf Knopfdruck
CIM Aachen hat deshalb ein Tool entwickelt,
mit dem der JETI schnell und einfach aktualisiert
werden kann. Auf Basis einer vordefinierten
Struktur von Bewegungsdaten
(bspw. SAP-Umsatzbericht), errechnet das
System automatisch eine ABC- und XYZKlassifizierung
der Artikel. Diese Berechnung
erfolgt für eine beliebige Struktur (bspw.
nach Geschäftsbereichen, Produktfamilien,
Standorten etc.) und bildet die Grundlage für
die Festlegung der zu bevorratenden Artikel
(bspw. AX-, AY-Artikel).
Diese Struktur wird dann automatisch in die JETI-Berechnung übernommen. Hier wird der Anlagen-Fingerprint angelegt, dessen Werte über eine einfache Eingabemaske variiert werden können. Die optimale Losgröße wird dann unter Berücksichtigung der erforderlichen Kapazität und der benötigten Rüstvorgänge (abhängig von der Anzahl Varianten) ermittelt und in das jeweils führende Planungssystem übernommen.
Bestände optimal dimensionieren
Mit der ABC-/XYZ-Klassifizierung (welche
Artikel?) sowie dem JETI bzw. der Wiederbeschaffungszeit
(wie viele Stück?) liegen dann
alle erforderlichen Parameter für die Dimensionierung
und Optimierung der Supermarkt-
Bestände vor, die als entsprechender Meldebestand
in die ERP übernommen werden
können.
Bestandsrelevante Änderungen in der Absatzstruktur können mit dem JETI-Rechner dann jederzeit unkompliziert durchgeführt werden.
erschienen in CIM Aktuell, 01/2009