E-Commerce im Mittelstand - Ergebnisse des Modellvorhabens CutTOOLity

Dr. Götz Marczinski, Dr. Matthias Müller


Das Zeitalter nachhaltiger E-Commerce Anwendungen hat dieses Jahr begonnen, wenn man einer Studie von Gartner aus dem Jahr 1998 glaubt, die zumindest das drohende Platzen der „Internet-Blase" richtig prognostiziert hatte. Doch was sind nachhaltige E-Commerce Anwendungen?




Aus den Erfahrungen der letzten Jahre wissen wir wenigstens, was offensichtlich nicht dazugehört. Insbesondere im Mittelstand hat sich gezeigt, dass Abwarten die richtige Entscheidung war. Doch mittlerweile häufen sich Anforderungen, auf die zu reagieren ist. Was wird aus Marktplätzen? Wie sind Einkaufsplattformen positioniert? Wie geht man mit diesen um? Und insbesondere: Wann und wie schaltet man aus der Rolle des Reagierens in aktives Tun um?

Die Ergebnisse unseres Projekts „CutTOOLity" geben Antworten auf diese Fragen. Im Kern wurden Methoden und Softwarehilfsmittel (Utilities) entwickelt, die insbesondere für die Werkzeug- und Schleifmittelindustrie (deswegen CutTOOLity) die Basis für erfolgreichen E-Commerce bieten. Dazu gehören

  • Standards für die Beschreibung von Präzisionswerkzeugen und Schleifmitteln
  • Katalogsoftware zur herstellerneutralen Darstellung von Produktkatalogen
  • Auswahlsoftware zur eindeutigen Produktidentifikation
  • Administrator Tools zur Verarbeitung unterschiedlicher Klassifikationen

Modellplattform „CutTOOLity"
CutTOOLity ist ein vom BMWA im Rahmen des Modellvorhabens E-Commerce gefördertes Gemeinschaftsprojekt mit 13 Partnern (4 Präzisionswerkzeughersteller, 9 Schleifmittelhersteller). Ziel des von Juni 2000 bis Juni 2003 laufenden Projekts war es, modellhaft eine Plattform für den E-Commerce von Präzisionswerkzeugen zu schaffen. Kernpunkt ist die herstellerneutrale Suche über ein „virtuelles Vollsortiment" und die herstellerübergreifende Konfiguration der Werkzeuge sowie die Zusammenführung von Bestellung und Lieferung beim Kunden.

Im einzelnen wurden sowohl neue Methoden und Softwarehilfsmittel entwickelt als auch bestehende Lösungen entsprechend der Zielsetzung des Vorhabens integriert.
Diese Internetsoftware ist mit einer Transaktionsebene verbunden worden, um

  • Zahlungsverkehr abzuwickeln,
  • Bestellungen zu handhaben,
  • Logistikfunktionen (track and trace, Konsignationslager,..)

anzubieten.
Das Zusammenspiel der Komponenten der CutTOOLity-Plattform, insbesondere mit der physischen Warenverteilung, wird im Rahmen einer Abschlussveranstaltung am 2. Dezember gezeigt. Am Beispiel der Projektpartner aus dem Kreis der mittelständischen Werkzeug- und Schleifmittelhersteller wird gezeigt, welche Vorarbeiten für eine aktive Teilnahme am elektronischen Handel notwendig sind und mit welchen Hilfsmitteln sie diese bewältigen.

Erkenntnisse
Im Rahmen des Projekts wurde schnell klar, dass die logistischen Anforderungen (Reaktionsgeschwindigkeit vs. Kosten) nur in einer starken Partnerschaft bzw. mit einem starken Partner zu bewältigen sind.
Wir sehen hier einen klaren Trend: Demnach werden Marktplätze geringe Bedeutung haben. Was Bestand haben wird, sind Einkaufsplattformen. Der Grund liegt auf der Hand. Im Prinzip hat es bis auf die wenigen Auktionsplattformen (Stichwort Ebay) nie wirklich einen Marktplatz gegeben. Was es gegeben hat, waren Angebotsplätze und Nachfrageplätze. Die Nachfrageplätze (Einkaufsplattformen) existieren durch pure Marktmacht. Bei Marktplätzen hingegen wird die physische Warenverteilung wegen mangelnder Lieferfähigkeit oder wegen der Logistikkosten zum „Show Stopper", wenn es überhaupt gelungen war, einen Marktzugang zu erarbeiten. Hier waren und sind die „klassischen" Händler klar im Vorteil, weil sie die Warenverteilung in die Fläche im Griff haben.
Einige der als Marktplatz gestarteten Initiativen werden als sog. Stammdatenpools weitere Verbreitung finden. Hierbei handelt es sich um einheitlich strukturierte Datenbanken, die den Kunden den standardisierten Zugriff auf alle produktbeschreibenden Daten einer gesamten Branche bieten. Beispiele hierfür sind TecDoc für den Autoteilehandel, Sinfos für die Konsumgüterindustrie, aber auch Tools United bzw. CIMSOURCE im Werkzeugbereich. Mit den Ergebnissen aus CutTOOLity ist jetzt auch die Bereitstellung von Daten der Schleifmittelindustrie möglich.

Die offene Frage ist die nach dem Betreibermodell. Da es sich um eine wettbewerbsneutrale Zusammenarbeit von Wettbewerbern handelt, sind Gemeinschaftsunternehmen als Betreiber sinnvoll. Es werden sich umlagefinanzierte Modelle durchsetzen, die im Idealfall den Teilnehmern ein „Nullsummenspiel" ermöglichen.

erschienen in CIMAktuell, November 2003

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