Fertigungsabweichungen im Griff Praxisbericht aus der Kleinserienfertigung
Markus Schoor
Reaktionszeiten dicht am Kundentakt, reduzierte Durchlaufzeiten und Bestände die Früchte des Lean Manufacturing sind bekannt. Doch was tun, wenn sich der Erfolg nicht in gewünschtem Maß im Betriebsergebnis niederschlägt? CIM Aachen hat eine solche Situation untersucht und Fußangeln in der Umsetzung gefunden.
So ist bei einem Präzisionsgerätehersteller schon vor Jahren die strategische Entscheidung getroffen worden, die Produktion schlank aufzustellen. Wertströme wurden identifiziert, die Montage und auch die vorgelagerte Fertigung wurden entsprechend der Hauptwertströme in Linien segmentiert. Die über Einzelaufträge gesteuerte Endmontage wurde mittels Kanban-gesteuerter Supermärkte von den Losen der Vorfertigung entkoppelt. Rüstzeitreduzierungen ermöglichten kurze Wiederbeschaff ungszeiten für die Vielfalt der benötigten Teile und Baugruppen. Die Mitarbeiter wurden auf breiter Front methodisch geschult und haben die Veränderungen mitgetragen und aktiv unterstützt.
Schlanke Produktion satte Einsparung?
All diese Bemühungen führten tatsächlich zu
reduzierten Beständen und Durchlaufzeiten
in der Produktion, die Performance-
Kennzahlen verbesserten sich deutlich.
Doch der Erfolg im Betriebsergebnis stellte sich nicht in erwarteter
Höhe ein. Sichtbare
Zeichen waren u.a.
Kostenabweichungen der
Fertigungsaufträge. CIM
Aachen analysierte diese
Fertigungsabweichungen
und kam zu einem
diff erenzierten Ergebnis.
Zunächst wurden die
einzelnen Bestandteile der
Fertigungsabweichungen
voneinander getrennt.
Die vorhandenen Daten
im SAP ermöglichten die
manuelle Analyse und es
ergaben sich folgende
Kategorien: Unterschiede
in den Einstandspreisen, Abweichungen
durch Losgrößenschwankungen und
durch veränderte Ausschussquoten
gegenüber Plan, sowie Unterschiede
zwischen Kalkulation und Arbeitsplan.

Anschließend wurde die Auswirkung auf das Betriebsergebnis untersucht und festgestellt, dass es sich zum einen Teil um direkt ergebnisrelevante Potenziale handelt, zum anderen Teil waren es allerdings Planungsungenauigkeiten. Mit dieser Erkenntnis konnte gezielt ein Maßnahmenpaket geschnürt werden, das zu einer Ergebnisverbesserung führt. Ein zweites Paket zielt auf erhöhte Transparenz, um die Ergebniswirksamkeit von Aktivitäten im Unternehmen besser zu erkennen.
Stimmige Kennzahlen - transparente Kosten
In den Maßnahmenpaketen wurde
festgelegt, das Kennzahlensystem so
anzupassen, dass die Ergebnisrelevanz
stärker erkennbar ist. Damit kann der Aufwand für Verbesserungsmaßnahmen
direkt ins Verhältnis zum Nutzen gesetzt
und schnell zuverlässige Entscheidungen
getroff en werden. In dem Zusammenhang
ist die benötigte Eindeutigkeit
von Kennzahlen zu erwähnen, d.h.
unterschiedliche Einflüsse sollten nicht
in einer Kennzahl vermischt werden.
Immer wieder finden sich auch veraltete
Stammdaten in Systemen, die zu verfälschten
Auswertungen führen (garbage in garbage
out). Im Zuge grundlegender Veränderungen darf man keine Angst vor der Anpassung von
Stammdaten haben, auch wenn anschließend
die Vergleichbarkeit mit alten Daten und
Auswertungen nur noch teilweise gegeben ist.

SAP voll nutzen
Einfach aber wirkungsvoll war die Maßnahme,
SAP-Standards zu nutzen. Im speziellen
Fall wurde die Möglichkeit aufgezeigt,
verschiedene Abweichungskategorien einzeln
auszuweisen. Die Vielzahl der Möglichkeiten
in diesem umfangreichen System ist selten
vollständig bekannt. Und wie soll man
nach etwas suchen, von dessen Existenz
man gar nichts weiß? Umso mehr hilft da
der Austausch mit anderen Anwendern
oder die Unterstützung von extern.
So veranstaltet CIM Aachen vor dem Hintergrund der Beratungspraxis regelmäßig Seminare und Arbeitskreise mit Tiefgang. Ein Schwerpunkt dabei ist Lean Production und SAP. Aufbau und Nutzen von Kennzahlensystemen fi nden Sie unter dem Titel Business Intelligence bzw. Produktionscontrolling.
erschienen in CIM Aktuell, November 2010