Gruppenarbeit - Wie man Arbeitszeit- und Entlohnungsmodelle aufeinander abstimmt

Henning Schöne


Gruppenarbeit erfolgreich einzuführen heißt, offene Fragen im Zusammenhang mit Entlohnung und Arbeitszeit geklärt zu haben. Sonst treten die erwarteten Verbesserungen nicht ein. Aber welche Fragen tauchen auf? Und wie lauten die Antworten?

Die A. Hiby GmbH & Co. KG mit Sitz in Plettenberg, Hersteller von Betankungsarmaturen mit insgesamt 180 Mitarbeitern, hat 1995 Gruppenarbeit für ein komplettes Werk mit etwa 60 Mitarbeitern eingeführt. Dabei wurden alle Bereiche - auch die administrativen Bereiche - in das Konzept integriert. Zwei Jahre später wurden das andere Produktionswerk und der Servicebereich als konsequente Fortführung der Neuorganisation in Profitcentren nachgeführt.
Das Unternehmen bewegt sich mit seinen Produkten auf einem weltweit engen Markt und muss sich gegen Konkurrenten aus Japan und vor allem den USA behaupten. Innovationen, hohe Qualität, kurze Lieferzeiten und niedrige Preise sind die entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Auf der anderen Seite muss sich das Unternehmen mit der Fertigung komplexer Gussteile aus Kupfer- bzw. Aluminiumlegierungen gegen Konkurrenz aus Billiglohnländern behaupten. Mit der Einführung von Gruppenarbeit wurden diese Faktoren spürbar und kontinuierlich verbessert. Der Servicebereich bietet sein Know-How im Vorrichtungs­und Modellbau mittlerweile sogar sehr erfolgreich auf dem freien Markt an.

Damit die Gruppen tatsächlich vor Ort verantwortlich handeln können, sind zeitliche Entscheidungsspielräume zur Verfügung zu stellen. Insbesondere die Gruppen Mechanische Bearbeitung und Baugruppenmontage brauchten flexible Arbeitszeitregelungen, um ihre Aufgabe - die bedarfsgerechte Versorgung der Hauptmontage durchführen zu können. So wurde die bestehende, starre Arbeitszeitregelung zugunsten einer flexiblen Regelung aufgegeben.

Quartalsweise erfolgt bezogen auf die Soll-Zeit die Ermittlung von Plus- oder Minusstunden. Minusstunden werden in das Folgequartal übertragen. Die Praxis zeigt aber, dass Mitarbeiter durchgehend darauf achten, etwas Positives auf ihrem Konto stehen zu haben - ganz wie im privaten Bereich bei der Bank auch. Diese Erfahrung musste A. Hiby 1998 auch machen, als es zum ersten Mal seit Einführung der Gruppenarbeit keine Vollauslastung gab. Die Arbeitszeitkonten blieben genauso voll wie vorher. Getreu dem Motto „lieber den Spatz in der Hand als…" war es für den Mitarbeiter attraktiver, Überstunden zu machen als die Leistungskennzahlen zu optimieren.

 

Daraufhin wurden 1998 zwei Komponenten der Entlohnung geändert. Danach traten die gewünschten Effekte ein. Plusstunden, also Überstunden,
werden bis 20 h ebenfalls auf das Folgequartal übertragen. Die darüber hinausgehenden Stunden werden in Absprache mit der Gruppe als Freizeit innerhalb des Folgequartals ausgeglichen. Ist dies absehbar nicht möglich, die Gruppe also insgesamt im Bereich der Plusstunden, werden diese Stunden ohne Überstundenzuschlag ausgezahlt, und zwar unabhängig davon, ob diese Stunden z.B. an einem Samstag geleistet wurden oder als 9. und 10. Stunde an einem Arbeitstag. Ziel war es, den bestehenden Überstundenanteil langsam abzubauen. Mitarbeitern mit Minusstunden sollte genauso die Möglichkeit gegeben werden, diese aufzuholen, wie den Mitarbeitern mit Plusstunden die Möglichkeit zum Ausgleich durch Freizeit gegeben wird.

Lässt man die letzten 5 Jahre Revue passieren, ist A. Hiby mit dem Erreichen der gesetzten Ziele auch voll zufrieden. Von 1996 bis Ende 2000 konnte der Überstundenanteil von 12,1% auf 6,7% nahezu halbiert werden; und das bei mehr oder weniger gleichem Anteil bezahlter Stunden (+ 1%). Darüber hinaus verschlechtern sich seit '98 auch in konjunkturell schwachen Zeiten die Produktivitätskennzahlen (Vorgabezeiten laut Arbeitsplan im Verhältnis zu Anwesenkeitszeiten) nur noch unwesentlich. Ein deutliches Indiz dafür, dass die Mitarbeiter von ihrer neuen Verantwortung auch Gebrauch machen.

erschienen in CIMAktuell, November 2001

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