"Schlanke Produktion – satte Einsparung?"

Ingo Laqua

Marktsynchron zu produzieren heißt, effizient und termingerecht den Kundenbedarf zu treffen. Hier setzen ganzheitliche Produktionssysteme an, welche die Anforderungen des Marktes in der Produktion umsetzen. Die Wirksamkeit des Produktionssystems wird dabei neben den klassischen Erfolgskriterien mit ausgewählten Kennzahlen der schlanken Produktion überprüft.

Die "schlanke Produktion" ist heute in aller Munde. Es gibt kaum ein Unternehmen, das nicht versucht die Produktion zu segmentieren, KANBAN-Regelkreise einzuführen oder seinen Weg des one-piece-flow zu finden. Ein durchgehendes Lean Production- Konzept bedeutet aber mehr als sein bisheriges Lager "Supermarkt" zu nennen bzw. den Auftragseingang zum Kundentakt zu deklarieren.

Ebenso wie sich mit der konsequenten Umsetzung der Lean Production-Philosophie die einzusetzenden Maßnahmen verändern, sind die klassischen Kennzahlen zur Messung der Produktionseffizienz zu überprüfen. Termintreue, Lagerbestand oder OEE (Overall Equipment Efficiency) haben in vielen Fällen immer noch ihre Berechtigung, sind aber häufig alleine nicht zweckdienlich, wenn es um die optimale Ausrichtung am Wertstrom und die Vermeidung von Verschwendung geht.

Die skalierbare Fabrik
In diesem Fall ist der Kundentakt die entscheidende Kennzahl zur Skalierung der Produktion. Der Kundentakt ist die Summe der Fertigartikel, die eine Produktion pro Zeiteinheit fertigen muss, um die von den Kunden geforderten Absatzzahlen zu erreichen. Produziert ein Unternehmen bspw. 250.000 Stück einer bestimmten Artikelgruppe in einem Jahr, so müssen dies bei 250 Arbeitstagen 1.000 Stück pro Tag oder 500 Stück pro Schicht im Zweischichtbetrieb sein.

Natürlich bestellen die Kunden nicht so gleichmäßig, dass die Fertigung über die Schwankungen des Marktes skalierbar sein muss, im o.g. Bsp. von 200 bis 800 Stück pro Tag. Wie groß diese Flexibilität sein muss, hängt im Wesentlichen von der Volatilität des Auftrageingangs sowie von der Verfügbarkeit eines nachgeschalteten Supermarkts ab, der die Marktschwankungen von der Produktion entkoppelt. Diese Volumenflexibilität ist ein wesentlicher Indikator für die atmende Fabrik und lässt sich durch intelligentes Zellendesign, flexible Arbeitszeitmodelle und einen ggf. variabel einsetzbaren Maschinenpark beeinflussen.

Ein weiterer Aspekt ist die Variantenflexibilität. Im durchschnittlichen Unternehmen kommt es eher selten vor, dass eine Produktionslinie oder –zelle nur für einen Artikel aufgebaut wird. Häufig sind es unterschiedliche Artikel mit unterschiedlichen Fertigungsfolgen und –aufwänden. In diesem Fall ist die Konfiguration einer solchen Fertigungseinheit von entscheidender Bedeutung.

Kennzahlen der schlanken Produktion
Eine weitere wesentliche Kennzahl der schlanken Produktion ist die interne Wiederbeschaffungszeit, d.h. die Zeit, in der eine Produktionseinheit in der Lage ist, einen bestimmten Artikel unter Berücksichtigung des vorhandenen Auftragsbestandes nachzuproduzieren. Die interne Wiederbeschaffungszeit ist aus mehrerlei Perspektiven von entscheidender Bedeutung: Zum einen wird hierdurch bspw. bei Lagerfertigung festgelegt, wie schnell ein nachfolgendes (KANBAN-) Lager aufgefüllt werden kann und somit auch, wie dieses zu dimensionieren ist (bei Kundenauftragsfertigung definiert die Wiederbeschaffungszeit dementsprechend die Reaktionszeit zum Markt).

Zum anderen hängt die Wiederbeschaffungszeit unmittelbar von den zu produzierenden Losgrößen ab. Je kleiner die Losgröße, desto kürzer ist die Wiederbeschaffungszeit. Dies kann natürlich ad absurdum geführt werden. Deshalb gilt es hier das Optimum aus vertretbarer Wiederbeschaffungszeit und erforderlichem Rüstaufwand zu treffen. In der Praxis erfolgt dies über die JetiI-Betrachtung (siehe CCA 1/2007).
Mit der Wiederbeschaffungszeit und der Summe der Bearbeitungszeiten wird gleichzeitig auch der Flussfaktor definiert, der die beiden zueinander ins Verhältnis setzt. Die Wertschöpfung ist hieraus direkt ableitbar und zeigt auf, wo nach wie vor Verschwendung durch Liegezeiten etc. vorhanden ist.

Der Flussfaktor ist somit Maßstab dafür, wie wirksam Fertigungsaufträge eingesteuert werden und wie effizient die Produktionsprozesse ausgetaktet sind. Ein Prozess sollte zwischen zwei Supermärkten möglichst die gleiche Bearbeitungszeit pro Fertigungsschritt haben. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Gesamtprozess nicht ins Stocken gerät und ungewollte WIP-Bestände aufgebaut werden. Lässt sich dies fertigungstechnisch nicht über die Hauptzeit regulieren, sind die Arbeitsinhalte so auszulegen, dass Bearbeitungs- und Nebenzeit (bspw. für Produkthandling) in Summe je Bearbeitungsstation gleich sind. Im Fall der auftragsbezogenen Fertigung entspricht dann der Produktionstakt dem Kundentakt.

Die Erfolgsmessung
Wer alles richtig gemacht hat, muss sichtbare Erfolge in der Lieferperformance sowie im WIP- und im Lagerbestand verzeichnen. Darüber hinaus dürfte die Fertigung wesentlich beruhigter und transparenter sowie Terminjäger obsolet werden.

Die Produktivität der eingesetzten Ressourcen (bspw. OEE oder Personalproduktivität) ist deshalb von Bedeutung, weil zur Sicherstellung des Kundentaktes die eingesetzten Ressourcen möglichst effizient zu nutzen sind. Ein hoher OEE oder eine hohe Personalproduktivität alleine sind aber nicht zielführend, wenn dadurch der Fertigungsfluss ins Stocken gerät oder auf Halde produziert wird.

erschienen in CIM Aktuell, 02/2007

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